Ich baue ein Segelboot

Zwar sind wir Mitglied der Genossenschft Sailcom und haben damit die Möglichkeit, auf fast allen Schweizer Seen Segelboote zu nutzen. Aber erstens möchten wir genre mal längere Zeit auf Tour gehen - mehr auf den europäischen Kanälen als auf internationalen Ozeanen -, und zweitens muss ich - nach der Sanierung einiger Häuser - wieder einmal ein grösseres Bastelprojekt angehen. Drittens ist ein eigenes Boot entweder teuer oder in zweifelhaftem Zustand. Und viertens habe ich bei Dr. Segger, Hamburg, Pläne zum Bau eines sympathischen Bootes nach einem bestechenden Prinzip gefunden: den Seeteufel. Ich dokumentiere hier den Baufortschritt; zu rechnen ist mit einer Bauzeit von ca. 18 Monaten mit Beginn um die Jahreswende 2007/2008.

Es ist vollbracht!

Endlich, am Mittwoch, dem 18. August, hat das Boot die Hürde der amtlichen Prüfung übersprungen, und gleich am nächsten Wochenende sind wir nach Le Landeron gefahren und haben es zum ersten Mal richtig gewassert. Am Samstag bei (sehr) leichter Bise und am Sonntag bei auffrischendem Westwind hat es sich bewährt. Es liegt gut in der Hand, spricht leicht an und neigt weder zu starkem Krängen noch zum Gieren in Lee oder Luv. Am Sonntag, 29. August, hat dann die offizielle Taufe stattgefunden; meine Schwester, Anna Lay, steht von Weitem Patin. Hier ein paar Bilder dazu (Klicken zum Vergrössern).

   
   
   

 

Vorbereitung
Bau eines Papiermodells (unbedingt zu empfehlen, zwingt zur "Durchdringung" der Pläne und der Bauanleitung)
Suche und Vorbereitung des Arbeitsplatzes (Tenn eines leerstehenden Bauernhauses; Beleuchtung, Einrichtung usw.)

Suche eines Holz- und eines Harzlieferanten, Zusammenstellung des Holzbedarfs; mangels gleichwertiger Alternativen entscheide ich mich dafür, die Rumpfschale (Planken, Deck, Kajütendach und -wände) mit hochwertigen Mahagoni-Schiffsbauplatten zu fertigen; leider gibt's damit Lieferschwierigkeiten (frühestens Mitte Februar), so dass ich nicht mit dem Rumpf anfangen kann

Nebenkriegsschauplätze
Weil die Mahagoni-Platten noch nicht lieferbar waren, habe ich zunächst den Holzkern des Schwertes, das Ruderblatt und die Pinne gebaut: stab- bzw. schichtverleimt, abgerichtet, profiliert, geschliffen: in mehr als einer Hinsicht ein schönes Stück Arbeit. Das Ding in der Mitte ist zum Grössenvergleich ein Meter hoch.
Rumpfschale (Mai 2008)
Die Rumpfschale steht und damit die Basis der weiteren Arbeitschritte. Schön, dass man bereits eine Ahnung hat, wie das Boot dereinst aussehen wird, aber der Weg ist noch soooooo lang ...
Spanten gesetzt (Ende Juni 2008)
Spanten, Schwertkasten und Längsleisten sind gesetzt. Im nächsten Schritt wird der Rumpf von innen konserviert mit 6 Lagen Epoxy; Zuvorderst, wo das Holz dunkel ist, wurde das bereits gemacht. Auch das gibt wieder so viel zu tun ....
Eingedeckt (Mitte August 2008)

Das Deck inklusive Aussenleiste ist gesetzt und konserviert. Der Endlack fehlt noch, so dass noch nicht ganz klar ist, wie es letztendlich aussehen wird. Man wird wohl sagen: Da war kein Fachmann, sondern ein Bastler am Werk, aber er hat sich tapfer geschlagen ...

Wie es weitergeht, ist noch nicht so ganz klar. Entweder geht's ans Haus, oder das Boot wird auf die Seite gelegt und der Rumpf finalisiert

 
Kosten
Hier werden die getätigten Ausgaben aufgelistet und ständig kumuliert.
Pläne/Baulizenz 850.--
Miete Arbeitsplatz 36 Mte. 3'600.--
Holzlieferung 4'650.--
Ausrüstung (Anker, Blöcke, Bootshaken, Fender, Klemmen, Lichter, Luke, Schwimmwesten, Solarbatterie, Tank, Wasserversorgung, WC, Winschen u.v.a.) 4'960.--
Sonnenkollektoren, Regler 750.--
Beschläge (Bugbeschlag, Püttingeisen, Relingsjütt, Ruderbeschläge usw.) 2'900.--
Rigg inkl. Bootsbauerarbeit 6'800.--
Segelsatz (Gross, Fock) 2'250.--
Harz, Gewebe usw. 3'050.--
Diverses (Eichenfurnier, Pinsel, Schriften usw.) 420.--
Schrauben, Dichtungsmaterial, PTTF-Folie usw. 900.--
Aussenborder 1'700.--
Prüfung 700.--
Trailer 4'800.--
Total 38'330.--
 
Rumpfaussenseite (Mitte Oktober 2008)
 

Die Rumpfaussenseite ist nun mit den definitiven Anstrichen versehen. Das tönt nicht sehr spektakulär. Stellvertretend dafür, welcher Aufwand dahintersteckt, den man später nicht mehr ahnt, hier eine grobe Zusammenfassung der Aktivitäten: Rumpf drehen, Kielnase fertigen und einsetzen, erste Seite spachteln - schleifen - spachteln ... (usw.., bis 6 Mal), dreimal beschichten, zwischenschleifen, noch einmal dreimnal beschichten, zwischenschleifen, noch mindestens einmal spachteln - schleifen, über Kimm zweimal endlackieren, unter Kimm zweimal Hartgrund auftragen, zwischenschleifen, zweimal Antifouling auftragen; Rumpf drehen und das Ganze da capo al fine mit der anderen Seite...

 
Haus (Ende November 2008)
 

Das Haus inklusive verglastem Einstieg, hier noch mit Schutzfolie, und Schiebeluk ist gebaut. Details wie die Abschliessbarkeit sind noch nachzuliefern. Es ist nun bitter kalt, beschichtet kann bis nächstes Jahr nicht. Im vorderen Teil des Hauses wird dann noch eine Lüftungsluke eingebaut, und ein Solarpaneel soll auch noch drauf - wie noch so vieles anderes.

 

Das Wichtigste im Innenausbau, die Liegefläche, existiert auch. Essenziell dabei: die für Leseratten notwendige schräg stellbare Kopfpartie. Die Lochungen sollen - nebst Gewichtserleichterung und Flexibilitätssteiegerung - als Anti-Matratzen-Verschimmelungs-Massnahme dienen.

 
Plicht (Anfang Mai 2009)

Lange ist's gegangen: Eine Schulteroperation und anhaltend tiefe Temperaturen verzögerten die Arbeit. Beim Aufbau der Plicht entziehen sich Bauteile fortlaufend der Zugänglichkeit, so dass nach jedem Bau- ein Konservierungsschritt notwendig ist, und das war praktisch während des ganzen Winters nicht möglich. Jetzt ist's aber geschafft, und (fast) das ganze Boot ist konserviert - nur noch ein letztes Anschleifen der begehbaren Oberflächen und ein oder zwei Endanstriche sind nötig.

Während des Winters wurden alle Ausrüstungsgegenstände beschafft. Dazu gehörte auch die Herstellung der Ruderbeschläge und der Relingsjütt. Zudem laufen mühsame Bemühungen, zu einem Rigg zu kommen; das Fehlen von Mastbauern in der Schweiz macht das zu einem echt schwierigen Geschäft, dessen Ausgang zurzeit noch völlig offen ist.

 

Die nächsten Schritte werden sein: das Bauen einer tragfähigen Unterlage, so dass das Boot so hoch gelagert werden kann, dass der Schwenkkiel in seiner ganzen Funktionalität getestet und fertiggestellt werden kann. Zudem werden alle noch notwendigen Verstärkungen geharzt und die Beschläge zumindest vormontiert.
Aufgebockt (Mitte Juni 2009)

In einem sonntagnachmittäglichen Kraftakt und mit sachkundiger Mithilfe wurde das Boot auf zwei Böcke gehoben, damit das letzte Bauthema, der Kiel, in Angriff genommen werden kann. Er existiert erst als Holzkern, und in diesem Zustand soll der Nieder- und Aufholmechanismus installiert werden, bevor er fertiggestellt wird.

Alle Beschläge waren schon mal vormontiert, und das Boot ist bis zur (hoffentlich) letzten Bohrung konserviert, es fehlt ein letzter Anschliff und die Endlackierung. Im Innern sind die Elektrizitäts- und Wasserleitungen gelegt. Das Ruder ist auch beinahe fertig. Nach wie vor Sorgen macht die Beschaffung des Riggs, aber es wird wohl schon irgendwann werden.

Es ist (fast) geschafft (November 2009)!

Was ich tun konnte ist nun (fast) getan: Der Kiel ist mit Blei ausgegossen, konserviert und mitsamt Mechanik zum Heben und Senken montiert, die Endanstriche sind gemacht, alle Beschläge sind montiert, und zu guter Letzt ist das Boot auch von den Böcken runtergeholt und auf den - inzwischen beschafften - Trailer runtergelassen. übrig bleiben lediglich ein paar Kleinigkeitn im Innenausbau, aber damit lasse ich mir Zeit, bis ich weiss, dass das Ding schwimmt ...

Der Transport zum Bootsbauer ist auch bereits gemacht. Dort wird das Rigg aufgerichtet. Da hat sich folgende Lösung gezeigt: Aus einem Set zum Bau eines Corsaire-Riggs wird ein Rigg erstellt, das dem ursprünglich geplanten sehr nahe kommt, wenn das Profil auch an der unteren Grenze der Dimension ist. Schaumermal ...

Aufgeriggt (Dezember 2009)!

Das arme Boot steht seit Wochen in Regen und Schnee. Wenigstens hat es nun seine Mast-Krönung erhalten und sieht wie ein richtiges Segelboot auf. Schwierigkeiten gibt es mit der Fallenführung, weil der Mastfuss nicht so ist wie erwartet. Da muss noch eine Lösung gefunden werden.

Die Auträge für Segel- und Persenning-Fertigung sind in Gang gesetzt. Noch muss sich das Boot etwas gedulden, bis es gegen Wind. Wetter und Winter geschützt werden kann.

Unter Segel (April 2010)!
Nachdem ich das Boot mit fertigem Rigg, Persenning und Segelsatz wieder zurück in den heimatlichen "Hafen" gebracht hatte, waren noch 1'000 Kleinigkeiten zu tun. Z.T. musste ich dafür auf frühlingshaftere Temperaturen warten. Nun ist das Boot eigentlich fertig. Einen Stellplatz habe ich mittlerweile auch gefunden, und wir haben das erste Mal die Segel gesetzt, um zu prüfen, ob alle Rollen, Ösen, Winschen und Klampen am richtigen Ort sind. Ich muss nun nur noch den Baumniederholer und den Achterstagstrecker kürzen und für den Transport Maststützen bauen. Nach einem Gespräch mit den Zuständigen im Baselland habe ich alle Dokumente beschafft und das Boot zur Prüfung angemeldet.